Chef, warum hast du so viele Erklärbären – und trotzdem so wenig Umsatz?
Warum der moderne Vertrieb mehr kann als Kilometer fressen und Schulungsphrasen abspulen - SmartBusinessFaisl Folge 53
Der Vertrieb funktioniert nicht – und das ist keine These, das ist Realität. Umsätze stagnieren, die Abschlussquote sinkt, gute Leute kündigen innerlich. Und was passiert? Man sucht weiter verzweifelt nach dem „richtigen“ Verkäufer. Als ob die perfekte Persönlichkeit das System retten könnte.
Dabei ist nicht der Mensch das Problem. Sondern das System. Die Prozesse. Die Erwartungen. Die Führung.
Du denkst noch wie früher. Und dein Vertrieb auch. Nur: Kaum einer will dieses alte System offen infrage stellen. Es ist halt bequem. Aber Bequemlichkeit zahlt keine Löhne. Und bringt keine neuen Kunden.
Die Wahrheit ist: Nicht jeder da draußen im Vertrieb ist ein Naturtalent. Und das muss er auch nicht sein – wenn das System funktioniert. Statt auf die eine „Rampensau“ zu hoffen, solltest du ein System aufbauen, das durchschnittlichen Menschen ermöglicht, überdurchschnittlich gute Arbeit zu leisten.
Also, lieber Chef: Wo genau durchbrichst du das Hase-und-Igel-Spiel, in dem der Kunde immer schneller ist als dein Team?
These: Kompetenz ersetzt keine Relevanz
Viele Vertriebler sind heute hochgeschult. Sie können jede Produktspezifikation im Schlaf herunterbeten, wissen, wie man mit Einwandbehandlung glänzt, und argumentieren sich rhetorisch durch jede Fachfrage. Soweit, so professionell.
Doch wenn es drauf ankommt, also da draußen beim Kunden, passiert: nichts. Oder besser gesagt: das Falsche.
Anstatt sich auf potenzielle Neukunden zu konzentrieren, bei denen echtes Interesse besteht, fahren sie zu alten Bestandskunden, die seit zwei Jahren nichts mehr bestellt haben. „Beziehungsmanagement“, nennen sie das. In Wahrheit ist es Kaffeesaufen mit Begründung.
Nicht weil der Kunde Potenzial hat – sondern weil der Termin einfach einzutragen war. Weil man sich kennt. Weil man sich da nicht anstrengen muss. Und so vergeht der Tag mit Smalltalk und Rückspiegelblick, aber nicht mit Fortschritt.
Der tägliche Wahnsinn: Vertrieb auf Autopilot
Man erlebt es überall: Vertriebler, die immer noch nach dem Prinzip arbeiten, das schon 1980 nicht besonders effizient war – heute aber richtig teuer ist. Acht Kundentermine am Tag. Rein ins Auto, raus aus dem Auto, rein ins Büro, Bericht schreiben. Repeat.
Wenn man fragt, was der Output war, kommt oft: „Naja, nix Konkretes, aber ein gutes Gespräch.“ Schön. Aber Gespräche zahlen keine Gehälter.
Dabei wäre alles da: CRM-Daten, Analyse-Tools, Pre-Sales-Automation, sogar künstliche Intelligenz, die helfen kann, Leads zu priorisieren. Aber nein – lieber rausfahren, damit es aussieht, als würde man was tun.
Was wirklich fehlt: Haltung – und Führung
Am Ende ist es nicht die Technik, die fehlt. Es ist die Haltung. Vertrieb 2025 braucht weniger Bequemlichkeit und mehr Klarheit. Weniger Gewohnheit und mehr Strategie. Weniger Kilometer und mehr Wirkung.
Die Realität ist: Viele Verkäufer stecken in einem System fest, das sie gar nicht selbst gebaut haben. Sie fahren raus, weil es von ihnen erwartet wird. Sie vermeiden unbequeme Gespräche, weil man ihnen nie gezeigt hat, wie man digital vorqualifiziert. Sie machen Dienst nach Vorschrift, weil ihre Impulse versanden.
Und genau hier kommt die Verantwortung der zweiten Führungsebene und von dir ins Spiel, lieber Chef.
Wenn der Rahmen nicht stimmt, kann kein Vertriebler sein volles Potenzial entfalten. Wenn die Regeln aus der Vergangenheit stammen, wird die Zukunft nie besser. Und wenn gute Leute mit neuen Ideen ignoriert werden, gehen sie irgendwann – innerlich oder tatsächlich.
Und was machen die Guten?
Fast jedes Unternehmen hat sie: Die paar Vertriebsleute, die es anders machen. Die sich vorbereiten. Die Leads hinterfragen. Die Tools einsetzen. Die genau wissen, wann ein persönlicher Besuch sinnvoll ist – und wann nicht.
Aber sie dringen nicht durch. Ihre Vorschläge laufen ins Leere. Sie gelten als Sonderlinge, manchmal sogar als unbequem. So nach dem Motto: „Weißt du nicht, wo dein Platz ist?“
Sie haben oft innerlich gekündigt, weil sie wissen: Was sie tun könnten, wird nicht gewürdigt. Also machen sie Dienst nach Vorschrift. Und das ist fatal. Denn genau dort liegt das ungenutzte Potenzial.
Vertrieb beginnt heute online
Verstehen wir uns nicht falsch: Der Außendienst ist nicht tot. Persönlicher Kontakt bleibt wichtig. Vertrauen entsteht nicht durch E-Mails allein.
Aber: Vertrieb beginnt heute online. Wer sich nicht vorqualifiziert, wer nicht digital abklärt, ob Interesse, Budget und Bedarf da sind, der verschwendet Ressourcen. Und zwar brutal.
Der smarte Außendienst nutzt digitale Tools, um Interessenten zu erkennen, zu priorisieren und nur dann zu besuchen, wenn ein echtes Potenzial vorhanden ist. Alles andere wird remote abgeklärt – effizient, freundlich, zielgerichtet.
Das spart nicht nur Geld. Es trennt auch die Spreu vom Weizen. Und es zeigt dem Kunden: Wir respektieren deine Zeit – und unsere eigene auch.
Vertrieb braucht einen neuen Rahmen
Vertrieb ist mehr als nur Schulungsphrasen und die Konsultation eines Vertriebscoachs. Es ist ein unternehmerisches Mindset. Eine Haltung, die beim Chef beginnt. Nicht beim Mitarbeiter.
Der größte Hebel liegt nicht im Außendienstwagen, sondern im Kopf der Führung. Wer umdenkt, schafft Raum für neue Konzepte. Wer zuhört, erkennt, wo die Potenziale sind. Und wer zulässt, dass gute Leute ihre Ideen einbringen, bekommt Vertrieb 2025 nicht als Schlagwort – sondern als echten Wettbewerbsvorteil.
Oder anders gesagt: Der größte Erfolg fängt bei dir an, lieber Boss.
Handlungsempfehlung
- Auditiere dein Team: Wer besucht wen – und warum?
- Stelle Vorqualifizierung zur Pflicht: Kein Termin ohne vorherige digitale Einschätzung.
- Belohne Ergebnisse, nicht Aktivität: Bonus für Abschlüsse, nicht für Kilometer.
- Hör den guten Leuten zu: Die, die kritisch sind, meinen es meistens ernst.
- Hole dir Feedback von außen: Ein neutraler Blick kann Wunder wirken.
Wenn du merkst, dass dein Vertrieb sich gerade mehr um sich selbst dreht als um den Kunden – dann ist vielleicht jetzt der Moment, darüber zu sprechen. Denn es gibt Lösungen. Ehrlich. Direkt. Und machbar.
Wie immer gilt:
Wenn du Input oder Hilfe brauchst, dann lass uns doch mal reden.